{Foto-Kurs} #7 – Die Schärfe Teil 1 (Fokus & Schärfentiefe)
von jana am 28.05.15
In den letzten Kapiteln habt ihr jetzt schon was zur richtigen Belichtung eines Bildes gelernt, aber wie bestimmt man eigentlich die richtige Schärfe? Wie wird diese gemessen und was beeinflusst sie? Und was ist eigentlich diese Schärfentiefe?
Heute geht also um die Schärfe eines Bildes, viel Spaß :)
Inhalt Kapitel 7
7. ............. Die Schärfe Teil 17.1 ....... Der Fokus
7.1.1 ....... Manueller Fokus
7.1.2 ....... Autofokus
7.1.3 ....... AF-Messfelder
7.2 ....... Die Schärfentiefe
7.2.1 ....... Schärfentiefe und Blende
7.2.2 ....... Schärfentiefe und Brennweite
7.2.3 ....... Schärfentiefe und Distanz
7.3 ....... Das Bokeh
7. Die Schärfe Teil 1
7.1 Der Fokus
Durch "simple" Optik kann man verschiedene Dinge bestimmten, z.B. die Bildgröße (unten die Größe der Blume auf der rechten Seite), aber auch den Fokus eines Bildes. Abhängig von den Faktoren Gegenstandsweite (Motiv <–> Linse), Brennweite (Linse <–> Brennpunkt) und Bildweite (Linse <-> Sensor) lässt sich eine sogenannte Schärfe- oder Fokusebene bestimmen. Alle Objekte, die genau auf dieser Ebene liegen, werden auf dem Sensor scharf abgebildet. Alles, was davor oder dahinter liegt, wird unscharf abgebildet, da die Strahlen nicht genau auf dem Sensor landen.Wenn man im Beispiel oben nun auf den grünen Kegel fokussieren möchte, muss also entweder die Brennweite verändert werden (z.B. durch eine Verkrümmung der Linse, wie es auch das menschliche Auge tut), oder der Abstand zwischen Linse und Sensor (durch Bewegen der Linse).
Mehr zu diesem Thema bei digicam-experts.de.
7.1.1 Manueller Fokus
Abschätzen der EntfernungAm simpelsten kann man den manuellen Fokus (MF) durch Schätzen der Entfernungen einstellen. Alte Objektive haben dafür am Fokusring noch die entsprechende Entfernung stehen. Indem man also die Entfernung zum Motiv schätzt (Gegenstandsweite), kann man anhand der Beschriftung den Fokusring und damit den jeweiligen Fokus richtig einstellen.
Mattscheibe
Bei DSLR kann man mithilfe der Mattscheibe fokussieren (siehe ➝ Aufbau der Kamera). Auf diese Mattscheibe wird dank des Spiegels das Licht reflektiert, bevor es durch das Pentaprisma zum Sucher gelangt. Auf der Mattscheibe sieht man also das Bild, wie es auf dem Sensor landen würde. Ist das Bild unscharf, wird auch unscharf gespeichert. Also kann man den Fokus solange manuell verstellen, bis das Bild scharf auf die Mattscheibe trifft.
Weitere Arten
Es gibt noch weitere Arten von Mattscheiben, und auch noch ganz andere Fokus-Methoden wie z.B. ein Telemeter. Diese sind hier aber nicht weiter relevant.
Generell gilt, dass man mit dem manuellen Fokus natürlich viel mehr Kontrolle hat. Nicht immer ist offensichtlich, was genau die Kamera gerade "sieht und denkt", und warum sie dann gerade diese eine Stelle scharf stellt und nicht eine andere. Stellt man alles selbst ein, kann die Kamera nicht dazwischenfunken. Allerdings dauert das auch ein bisschen länger wenn man ungeübt ist, oder man vertraut seinem Auge nicht ganz ;) Dann kann der Autofokus stattdessen hilfreich sein.
7.1.2 Autofokus
Den Autofokus (AF) gibt es wohl in allen digitalen Kameras. Bei Kompaktkameras ohne Sucher geht es eigentlich auch gar nicht anders. Beim Autofokus kann man zwischen aktivem und passivem Autofokus unterscheiden.Beim aktiven Autofokus sendet die Kamera entweder Ultraschall oder Infrarot aus, und kann anhand der Reflexion die Entfernung bestimmen. Beim Ultraschall misst die Kamera, wie lange der reflektierte Schall braucht, bis er wieder an der Kamera ankommt (je länger es dauert, desto weiter weg ich das Objekt). Bei Infrarot wird der Winkel des reflektierten Lichts gemessen (flacher Winkel gleich entferntes Objekt).
Der Vorteil ist, dass aktive AF auch im Dunkeln funktionieren oder bei Motiven mit wenig Kontrast. Nachteile sind Probleme bei großen Entfernungen und beim Fotografieren durch Glasscheiben.
Beim passiven AF wird von der Kamera dagegen nicht aktiv die Entfernung gemessen. Hier kann man nochmal zwischen zwei Arten unterscheiden, dem Phasenvergleich und der Kontrastmessung. (Ich werde hier jetzt nicht weiter auf die genau Funktionsweise eingehen, da das einfach zu viel werden würde; wen es interessiert, der findet hier bei puchner.org eine ausführliche Erklärung.)
Kurz zusammengefasst: DSLR arbeiten meist mit dem Phasenvergleich-AF, der auch meistens schneller ist als die Kontrastmessung. Letztere wird bei Kompaktkameras und oft im Live-View-Modus verwendet. Dieser Fokus ist günstiger und oft auch präziser, dafür aber langsamer.
7.1.3 AF-Messfelder
Wichtiger als die genaue Funktionsweise sind z.B. die AF-Messfelder. Bei diesen gibt es große Unterschiede von Kamera zu Kamera, sowohl bei der Anzahl als auch bei der Anordnung. Gleich ist aber bei allen, dass ihr sie seht, wenn ihr durch den Sucher schaut, und dass sie dafür verantwortlich sind, welche Stelle in eurem Bild scharf gestellt wird.Man kann beispielsweise alle Felder gleichzeitig auswählen, und die Kamera wählt dann ganz automatisch aus, bei welchem Punkt sie das Bild fokussiert. Das ist manchmal recht willkürlich, und deshalb solltet ihr lieber nur ein Feld auswählen. Das, was im Sucher an der Stelle des ausgewählten Feldes liegt, wird dann fokussiert.
Ich persönlich habe immer das Feld unten rechts ausgewählt (das ist reine Gewöhnungssache!). Wenn ich dann fokussiere und den Auslöser halb durchdrücke, wird der Fokus gespeichert und ich kann den Bildauschnitt noch etwas ändern, sprich das Fokusfeld muss nicht mehr auf dem Motiv liegen. Drücke ich dann ganz durch, wird das Bild gemacht. Das Problem an dieser Methode ist allerdings, dass durch das nachträgliche Verändern des Ausschnitts sich auch der Schärfebereich selbst ändern kann. Da wäre es dann besser, wenn man z.B. aus 51 Feldern schon genau das richtige auswählen kann.
7.2 Die Schärfentiefe
Bei der Erklärung der Schärfentiefe wird es wieder ein bisschen physikalisch ;)Erstmal kurz vorweg, der richtige Begriff ist Schärfentiefe, nicht Tiefenschärfe! Wir bestimmen hier nämlich die Ausdehnung der Schärfe, also die Tiefe (und nicht etwa die Schärfe in der Tiefe oder sowas).
Also, oben habe ich ja schon gezeigt, dass Objekte, die nicht direkt auf den Sensor treffen, unscharf sind. Das liegt daran, dass die Spitze ihres Lichtkegels vor oder hinter der Bildeben liegt. Diese Objekte liegen also vor oder hinter der Fokusebene, auf der Objekte scharf sind (siehe Grafik unten).
Der Bereich, in dem die Objekte als scharf wahrgenommen werden, lässt sich berechnen. Dazu braucht man die Brennweite, die Sensorgröße, die Blendenöffnung, die Entfernung zum Motiv und den maximalen akzeptablen Zerstreuungskreis. Alles klar? Nein? :P
Das Männchen steht genau auf der Fokusebene; das Windrad vor ihm wird nicht mehr scharf abgebildet; ein Teil der Blümchen dahinter allerdings schon, diese liegen also mit innerhalb der Schärfentiefe.
Das kann man gut anhand der Zerstreuungskreise/Unschärfekreise erklären. Wenn ein Punkt nun nicht direkt auf den Sensor trifft sondern z.B. davor, dann wird aus diesem Punkt ein unscharfer Kreis. Nun gibt es abhängig von der Sensorgröße eine maximale Größe dieses Kreises, bei dem das menschliche Auge ihn noch als scharf wahrnimmt; bei einem APS-C-Sensor sind das z.B. knapp 0,018 mm (das entspricht 1/1500 der Sensordiagonalen). Alle Punkte, die nun als größere Kreise auf den Sensor fallen, werden unscharf. Je größer, desto unschärfer. Und der Bereich, in den alle akzeptablen Kreise fallen, nennt man die Schärfentiefe. Uff :D
Merkt euch am besten einfach, dass die Schärfentiefe der Bereich ist, der vor und nach der Fokusebene ebenfalls scharf wahrgenommen wird.
Hier bei digicam-experts.de gibt es ein schönes Online-Tool zum Berechnen der Schärfentiefe :)
Diesen Bereich kann man nun ganz gezielt beeinflussen. Mithilfe der Blende, Brennweite und Distanz könnt ihr die Schärfentiefe vergrößern oder verkleinern.
7.2.1 Schärfentiefe und Blende
Die Blende ist wohl mit das wichtigste Hilfsmittel, wenn es um die Schärfentiefe geht. Mit ihr kann man ganz einfach Unschärfe erzeugen oder verhindern.Physikalisch gesehen werden die Unschärfekreise größer, wenn sich die Blende verkleinert; die Unschärfe nimmt zu. Anschaulich gesehen merkt man sich am besten folgendes:
Je kleiner die Blende, desto größer die Schärfentiefe, desto mehr Schärfe.
In den Beispiel-Bildern oben ist der eingezeichnete Schärfebereich nicht ganz maßstabsgetreu.
Die Helligkeiten wurden durch eine Veränderung der Zeit angepasst.
Wichtig beim Thema Blende ist außerdem zu wissen, dass der Fokus immer mit einer Offenblende gemessen wird und die Blende auch erst beim Auslösen schließt. D.h. die Blende ist die ganze Zeit, während man durch den Sucher schaut, voll geöffnet. So ist allerdings auch die ganze Zeit die Schärfentiefe am geringsten und lässt sich nicht korrekt überprüfen. Dafür gibt es an manchen Kameras die sogenannte Abblendtaste (meist vorne an der Kamera). Wenn man diese drückt, schließt sich die Blende so weit, wie sie eingestellt wurde. Dadurch kann man die Schärfe realer einschätzen; allerdings kommt auch weniger Licht durch und das Bild wird dunkler.
Experiment: Trägt jemand von euch eine Brille? Dann versucht mal folgendes: Nehmt die Brille ab, formt mit dem Zeigefinger ein ganz kleines Loch und schaut dadurch. Theoretisch müsstet ihr jetzt um einiges schärfer sehen können ;)
7.2.2 Schärfentiefe und Brennweite
Die Schärfentiefe wird außerdem durch die Brennweite beeinflusst. Weitwinkelobjektive mit einer sehr geringen Brennweite haben meist einen sehr großen Schärfebereich, sprich das Bild ist fast komplett scharf. Teleobjektive dagegen, mit einer sehr großen Brennweite, haben eine sehr geringe Schärfeebene. Man kann auch sagen je mehr Zoom, desto mehr Unschärfe.Je kleiner die Brennweite, desto größer die Schärfentiefe, desto mehr Schärfe.
Diese Eigenschaft kann man sich vor allem bei Portraits zu Eigen machen. Da eine große Brennweite die Person besser "freistellt", sind diese gut dafür geeignet. Denn je unschärfer der Hintergrund wird (je geringer die Schärfentiefe), desto mehr hebt sich die Person vom Hintergrund ab, und desto "ruhiger" wirkt das Bild.
Im rechten Bild seht ihr den Unterschied nochmal gut. Bei einer sehr großen Brennweite werden die Unschärfekreise sehr viel größer als bei einer kleineren Brennweite.
7.2.3 Schärfentiefe und Distanz
Mit Distanz ist hier der Abstand von Kamera zu Motiv gemeint. Und je näher das Motiv ist, also je weiter vorne man fokussiert, desto geringer wird der Bereich der Schärfe.Je größer der Abstand zum Motiv, desto größer die Schärfentiefe, desto mehr Schärfe.
Aus diesem Grund sind Landschaftsaufnahmen fast komplett scharf; Makroaufnahmen haben dagegen nur einen sehr geringen Schärfebereich, sodass oft nicht mal ein Käferauge komplett scharf abgebildet wird.
Ein weiterer Begriff in diesem Zusammenhang ist die Hyperfokale Distanz. Sie beschreibt die Distanz x zum Motiv, aber der die Schärfentiefe so groß geworden ist, dass die Schärfe bis unendlich reicht (wichtig zum Beispiel für Mond-Aufnahmen, denn der ist ja seeehr weit weg ;).
Im ersten Bild oben sieht man übrigens auch ganz gut die "Verteilung" der Schärfe vor und nach der Fokusebene (nicht ganz maßstabsgetreu). Insgesamt ist nämlich immer hinter dem fokussierten Objekt mehr Schärfe als vor dem Objekt, ganz grob kann man sagen, dass 1/3 der Schärfentiefe vor dem Fokus liegt, 2/3 dahinter.
Ebenfalls wichtig bei Portraits ist, dass das Model möglichst weit weg vom Hintergrund steht. Wie ihr oben seht ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Hintergrund mit in den Schärfebereich gerät, größer, je weiter weg das Model ist. Der Hintergrund sollte also immer hinter der Schärfentiefe liegen, damit er unscharf wird und das Model gut freigestellt wird.
Anmerkung: Die Größe des Sensor spielt auch eine Rolle bei der Schärfentiefe; so ist bei großen Sensoren die Schärfentiefe kleiner, und das Spiel mit der Unschärfe besser möglich. Da man den Sensor aber nicht mal eben austauschen kann, gehe ich hier nicht weiter darauf ein.
7.3 Das Bokeh
Was ist denn jetzt eigentlich dieses Bokeh, von dem immer alle reden? Einige Leute nennen die gesamte Unschärfe in einem Bild Bokeh, aber umgangssprachlich bezeichnet man damit meistens die sichtbaren Unschärfekreise. Es ist also keine Bezeichnung der Stärke sondern vielmehr eine Beschreibung der Art der Unschärfe, also WIE die Zerstreuungskreise aussehen. Bokeh (übrigens japanisch für "unscharf/verschwommen") kann ruhig und weich, oder auch unruhig und hart sein. Letztendlich bestimmt aber der eigene Geschmack, was nun ein "schönes" Bokeh ist und was nicht.Die Form dieser Kreise wird dabei von der Form der Blende bestimmt, und muss gar nicht immer ein Kreis sein. Oft sind diese Flecken z.B. Achtecke oder Fünfecke, bedingt durch die Anzahl der Blendelamellen.
Praxistipp: Ich kann mich eigentlich nur wiederholen: Probiert einfach aus ;)
Was passiert bei einer kleinen Blende, was bei einer großen? Nehmt hierzu am besten ein Stativ, dann könnt ihr die Bilder hinterher besser vergleichen.
Um ein schönes Bokeh zu erzeugen, legt euch einfach eine Lichterkette hin, und spielt etwas mit dem manuellen Fokus (der Ring am Objektiv ;). Wann findet ihr das Bokeh besonders schön? Probiert verschiedene Brennweiten, Blenden und Entfernungen aus.
Vorschau Kapitel 8
Im nächsten Kapitel wird es noch weiter um die Schärfe gehen, z.B. um die Bewegungsunschärfe.Quellen und weiterführende Links:
puchner.org: Fokus // Schärfe // henner.info: Focus
Torsten Stolze (Youtube): Was sind AF-Messfelder?
Wikipedia: Autofokus // Entfernungseinstellung // Zerstreuungskreis
scandig.info: Autofokus // striewisch-fotodesign.de: Was heißt "scharf"?
foto-kurs.com: Schärfentiefe in der Fotografie // martinklank.de: Die Schärfentiefe
elmar-baumann.de: Zerstreuungskreis
markuswaeger.com: Schärfentiefe, Brennweite und Distanz
Hallo,
AntwortenLöschenklasse geschrieben. Das mit der Schärfe ist auch immer so ein Thema. Da muss man wirklich einfach immer wieder ausprobieren.
Ich mache das im Bereich der Makrofotografie eigentlich immer so, wenn ich ein Motiv habe, verschiedene Blickwinkel, Abstände und Einstellungen an der Kamera auszuprobieren. Die Ergebnisse schaue ich mir dann am PC an und dann entscheide ich, was mir in dem Moment am besten gefällt.
Und da ist meine Auswahl auch immer unterschiedlich.
Daher immer probieren. Das hilft wirklich am meisten :)
LG Kerstin
Danke für den Kommentar :)
LöschenJa genau, nur durch Probieren kann man gut herausfinden, was überhaupt so möglich ist. Und zur Not kann man die Bilder ja alle wieder löschen ;)
Was für ein toller Beitrag !!!! Wird sofort gespeichert und am WE ausprobiert!!!
AntwortenLöschenGanz liebe Grüsse Elisabeth
Danke dir ^^ Viel Spaß beim Ausprobieren!
LöschenDanke dir für diesen tollen und ausführlichen Beitrag. Ich bin zurzeit total im Fotografiefieber und sauge alles an nützlichen Tipps und Tutorials auf, was ich kriegen kann.
AntwortenLöschenLiebe Grüße, Milli
(http://www.millilovesfashion.de)